Der Anfang wäre gemacht

Sonne, blauer Himmel, das Wetter meint es gut mit uns. Angenehme Temperaturen und ausbleibender Wind lassen T-Shirt-Wetter aufkommen. Gemütlich verharren wir an einer taktisch guten Stelle. Kommen die Fische aus dem tiefen Seeteil ins Flachwasser gezogen, müssen sie zwangsläufig an uns vorbei. Eine Durchgangsstelle, so nenne ich sie. Die flachverlaufende Kiesbank, die zum anderen Ufer hin abfällt, unterbricht die sonst so eintönige Uferkante. Solche Stellen sind immer ein Versuch wert, möchte man umherziehende Fische abfangen. Die Fische müssen dort entlang, um ihre Holdingarea zu erreichen. Mehrere Stunden bleiben meine Bissanzeiger stumm. Es tut sich gar nichts an meinen beiden Plätzen. Eine Rute fische ich in ganz flachem Wasser, eine Zweite in tieferem. Ich platziere eine oben und eine unten an der Kante des markanten Kiesausläufers.

Die erste Stelle war nett - zum Kaffeetrinken

Ungläubig beobachte ich mehrfach Fische, die sich durch auffälliges Springen und Rollen im Flachwasser zeigen. Mist! Die zuvor eigentlich perfekte Stelle kristallisiert sich mit fortschreitender Zeit als unkluge Entscheidung heraus. Die Theorie scheint nicht zu passen. Mein Plan nicht zu stimmen. Mist! Ich wollte mir die Option offen behalten, entweder seichtes und/oder tiefes Wasser befischen zu können. Zu oft habe ich in den letzten Jahren zu früh auf das falsche Pferd gesetzt. Viel zu früh in den flachen Bereichen befischt, wo sich dann noch keine Fische aufgehalten hatten, weil das Wasser noch kalt oder die Temperaturen zu wechselhaft waren. Tja, etwas mehr Mut hätte dieses Jahr sicherlich schon frühzeitig den ersten Erfolg gebracht.

Meine Korda-Rigbox beinhaltet immer eine Alternative...
Umherziehende Fische will ich abfangen - so die Theorie

Mittlerweile ist es Abend geworden und ich allein am See. Meine Freundin hatte sich verabschiedet und nun saß ich da auf meinem Platz. Grübelnd. Nachdenkend. Ich fühle mich ein wenig wie jemand der eine Diät macht und mit seinem Partner im Restaurant sitzt. Vor sich der fade Salat, ohne schmackhaftes Topping und gegenüber Jemand, der ein fettes Schnitzel mit Pommes und ordentlich Ketchup vertilgt. Ständig glotzen die großen Diätaugen auf das leckere und so knusprige Schnitzel, während sich im eigenen Mund ein Brei aus bitterem Grünzeug zerkaut wird. Ja genau, so fühle ich mich. Ständig sehe ich springende Fische im Flachwasser, während ich woanders auf umherziehende Fische warte. Pah! No Way – trotz einer Menge Tackle sattele ich mein Pferd und move in den flachen Seeteil. Dort angeln, wo Fische sich aufhalten bringt mehr Erfolg als zu warten und zu hoffen, dass vielleicht mal einer zufällig vorbeikommt. Auch wenn die Stelle theoretisch gut ist, sehe ich wie sich die Praxis doch so sehr unterscheidet.

Es kommen Zweifel auf. Ist die Stelle wirklich gut?

Ich brauche ungefähr eine Stunde, bis ich mich direkt im Geschehen befinde. Ganz flaches Wasser, knietief und voll mit Fisch. Ich habe erstmal nur das Nötigste durch die Büsche geschleppt. Meine Ruten liegen nach zwei Minuten nur wenige Meter vor mir. Unauffällig. Ohne großes Spektakel, denn das würde die Fische nur verschrecken.

Mein Style ist es am Wasser unauffällig zu bleiben...

Eine Handvoll Dosenmais pro Rute und einen einzelnen Hakenköder. Eine Rute mit einem Nasty Shrimp Sinker, die Andere mit zwei weissen Scoberry Poppis kurz über Grund angeboten.

Scoberry Poppis - in rot und weiss!

Ich verweile in der Sonne. Hocke neben meinen Ruten und breche aus Nervösität einen kleinen Ast ins tausende Einzelteile. Immer wieder suche ich mir neue Ästchen. Neuen Stoff für meine nervösen Hände. Ich suche mir einen Kanal, um meiner Nervösität Ausdruck zu verleihen. Äußerlich bin ich entspannt, doch innerlich brenne ich wie ein Feuer. Immer wieder knacke ich die kleinen Ästchen oder zermalme anderes organisches Material mit meinen rauen Finger. Plötzlich marschiert meine Rute los. Die Sinkerrute in knietiefem Wasser. Der Fisch erschreckt sich. Explodiert. Flüchtet. Es ist der Wahnsinn.

Kleine Stöcker müssen dran glauben - der Ausdruck meiner Nervösität

Mein innerliches Feuer lodert nun komplett. Ich nehme die Rute auf. Spüre wie Schnur durch die Ringe gleitet. Die Kohlefaser sich zu biegen beginnt. Der Stock ist krumm. Adrenalin wird bis in die letzten Zipfel meines Körpers gepumpt. Mein Herz schlägt kräftig. Die Pumpe pumpt. Ich merke meinen Puls im Hals. Jeder Atemzug. Jede Bewegung. Alles wartet nur auf die nächste Flucht des Fisches. Ich genieße den Moment. Der erste Fisch des Jahres ist immer wieder ein Besonderer. Hammer! Der Fisch kommt näher. Ich sehe ihn. Kann seinen dicken Bauch erkennen. Das ist ein Dicker! Ja, das ist er. Ein fetter Spiegler. Geil! Kurze Zeit später führe ich ihn über den Rand meines Keschers. Ich nutze die letzten warmen Sonnenstrahlen für das übliche Prozedere.

Der Erste und gleich ein Dicker! Yes!

Erneut beködere ich meine Rute und platziere sie wieder im seichten Wasser. Die Nacht wird sternenklar. Das Himmelszelt ist marmoriert mit hellen Punkten. Sterne funkeln und leuchten am tiefblauem, teils schwarzem Firmament. Eine Kulisse, als wäre sie gemalt worden. Erst am nächsten Morgen werde ich erneut von meinem Bissanzeiger geweckt. Es reißt mich aus dem Schlaf. Ich fange einen weiteren Fisch und freue mich tierisch. Die Entscheidung war richtig, den Platz zu wechseln. Nur dort wo Fische sind, kann man sie auch fangen.

Voll aus dem Tiefschlaf gerissen - man bin ich zerknautscht

Suchen. Finden. Fische fangen!

Peace!
Felix Kaczmarek
twelve ft. Carpfishingmagazine

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