Das war dann wohl die Saison 2016

Das war dann wohl 2016

„Das war dann wohl die Saison 2016!“ Ein Satz, der mir wohl lange noch im Ohr klingen wird. Einen Satz, den ich zu Simon sagte, während meiner/unserer letztes gemeinsamen Sitzung für dieses Jahr. Ein Satz, der kaum ausgesprochen war, als das unglaubliche seinen Gang nahm. Aber von Anfang an.

Ende 2015 ergab es sich, dass wir, eine kleine Gruppe von Freunden, einen großen, nie zur Fischerei freigegebenen, alten, aber sehr tiefen Baggersee pachten durften. Die Vertragsdetails zogen sich leider so lange hin, dass wir alle viel Zeit hatten, uns den Kopf über etwas zu zerbrechen, was nicht einmal begonnen hatte. In dieser Zeit konnten wir in Erfahrung bringen, dass nur einmal ein Besatz stattgefunden haben soll und dass dieser Besatz dünn gewesen war, denn der damalige See, war nicht einmal ein Drittel von dem, was er heute ist.

Jeder machte so seine Pläne, was 2016 anglerisch stattfinden sollte. Witzigerweise war ich der einzige, der diesen alten Baggersee in seine Planung ernsthaft aufnahm. Ich wollte mit meinem Kumpel Niko ein altes Szenegewässer befischen, in dem vor einigen Jahren ein großes Fischsterben stattgefunden hatte und mit Simon eben oben genannten Baggersee (tatsächlich schafften wir es ganze zwei Mal gemeinsam dort zu fischen;))… Die Aussicht, viele Fische zu sehen, war also schon dahin, obwohl die Saison nicht mal in Gange war.

Ich will heute hier die Geschichte vom großen Baggersee erzählen, eine Geschichte, die geprägt von der Kommunikation zwischen Simon und mir ist.

Erstmal nen Beauty, dann ran an die Aufgabe

Erst Anfang des Sommers konnten wir endlich dieses Brett von Baggersee befischen. Brett gar nicht mal wegen seiner Größe (dennoch immerhin über 50ha), auch nicht wegen seiner extremen Tiefe (weite Flächen sind weit über 20m tief!), sondern aufgrund seiner sehr geringen Fischdichte. Ein Besatz hatte wohl nur einmal vor weit über 30 Jahren stattgefunden. Ein damals ansässiger Landwirt hatte wohl in den zu derzeit rund 15ha großen See einen Grundbesatz an Fischen (darunter auch Karpfen) zur Bespassung von Kindern und Enkeln getätigt. Ein weiterer Besatz ist dem Werk nicht bekannt. Sicherlich wird der ein oder andere Gartenteichfisch seinen Weg in den Baggersee gefunden haben. Bevor ich mich dieser Aufgabe widmen wollte, hatte ich noch eine Rechnung mit einem anderen großem Baggersee offen, dessen Geschichte ich hier auch nicht erzählen möchte, aber einer seiner wilden Bewohner war auf jeden Fall ein Foto wert:)

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Alles schön…bis auf die Frisur!
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So kann es weitergehen!

 

 

Doch zurück zur eigentlichen Geschichte: Heute ist der See um ein vielfaches größer, aber vor allem sauber tief ausgekiest! Meine Frage nach einer Tiefenkarte und ob es ein paar Plateaus geben würde, beantwortete der Werksleiter mit einem Lachen und den Worten: „ Dann hätten wir schlecht gearbeitet!“ Er hatte sowas von Recht! Es gibt nur die Uferkanten, die auch noch über weite Strecken relativ steil sind, dazu noch wenig Fische… Happy Birthday!

Da ich wusste, dass ich allein auf weiter Flur war, es aber keine wirklichen Stellen am Wasser gab, suchte ich auf google earth nach offensichtlichen Hot Spots. Die einzige, aber ausgeprägte Flachwasser Zone, fiel mir sofort ins Auge und als wir Anfang des Sommers loslegen durften, gab es kein Halten mehr. Eine schnelle Nacht in der Woche und, wenn die Beziehung es zulässt, zwei Nächte hin und wieder am Wochenende. So sollte es sein.

Da wir für das Tor an der Flachwasserzone bisher noch keinen Schlüssel hatten, fand meine erste Nacht nicht an der Flachwasserzone statt, sondern in einer großen Bucht, die knapp ein Viertel des Sees und den ältesten Teil des Sees darstellt.

Was soll ich euch sagen: Aufbauen…zwei Nächte gut schlafen und am Sonntag mit trockenem Kescher nach Hause fahren! Naja, hatte ich eigentlich nicht anders erwartet. Zu Hause checkte ich die Wetter Apps – ein krasses Hoch kündigte sich für die nächsten Wochen an, so dass ich meine Chance wahrnehmen konnte, den Shorty und die Schnorchelbrille zu nutzen! Nicht nur in meinen Augen ein massiver Vorteil beim Karpfenangeln. Es ist schon Wahnsinn, was man alles findet, was man mit Echolot oder Markerrute niemals beachtet hätte.

Sommer, Sonne, Schnorchelmaske!

Kommen die Fische nicht zu dir – komm Du zu den Fischen

Endlich 18 Uhr – endlich Ladenschluss! Meine Erkundungen (natürlich mit meinen Ruten, eine schnelle Nacht sollte wohl drin sein!) startet ich von einer Landzunge: Rechts von dieser Landzunge befindet sich oben erwähnte Flachwasserzone, links eine (auf den ersten Blick…) interessante Bucht mit vielen überhängenden Bäumen. Meinen Schirm baute ich in der linken Bucht auf, packte meine Marker in den Neopren und schnorchelte los…erschreckend steil lagen die Kanten vor mir. Natürlich würde ich einen Hakenköder zum Liegen bekommen, aber sämtliches Beifutter würde runterklullern…nicht optimal! Nach dreißig Minuten und etlichen hundert Metern Tauchstrecke hatte ich nichts gefunden, außer zwei kleinen Krautlöchern… nicht das was ich mir erhofft hatte und so schwamm ich wieder Richtung Brolly. Völlig in Gedanken stiefelte ich triefend aus dem noch nicht ganz so warmen Wasser. Ich war so sehr in die wildesten Karpfenanglertheorien vertieft, dass ich erschrak, als Marcel überraschend am Ufer stand. Wir mussten beide herzlich Lachen und nach kurzer Begrüßung gingen wir noch kurz in Richtung Flachwasserzone, denn Marcel hatte sich hier noch nicht umgeschaut. Es war schon rund 21 Uhr, lange sollte es nicht mehr hell bleiben, und doch, irgendwas sagte mir: „Junge, schnorchel in diese Flachwasserzone!“ Gerne würde ich jetzt schreiben, es wäre meine innere Stimme oder Watercraft gewesen…realistisch gesehen war es aber Marcel;) Naja, was hatte ich schon zu verlieren. Die Fläche der Flachwasserzone beträgt in etwa 200m². Ich bewegte mich auf der Kante zum tiefen Wasser. Mein Blick war gefesselt von unzähligen kleinen Schleien und Barschen, die kurz über dem Kraut tanzten. Zu meiner rechten war die Flachwasserzone und als ich meinen Blick nach rechts drehte, explodierte ich förmlich! Wie eine Interkontinentalrakete schoss ich aus dem Wasser nach oben! Töricht, aber ich konnte nicht anders, aber was war geschehen? Genau neben mir standen zwei Fische. Ein guter 30er und ein Hammerfisch. Lang, breit und mit einem gewaltigen Bauch. Wie ein Jetski (naja, wie ein sehr langsamer, kaputter Jetski und leerem Tank) schwamm ich zum Ufer, wo Marcel verwundert und kopfschüttelnd stand und fragte, was los sei… Ich stotterte mir irgendwas zusammen, wobei die Kernaussage angekommen zu sein schien, denn er eilte neben mir zum Brolly und schleppte mit mir mein Tackle Richtung Flachwasserzone. Ich wollte Fangen, nein ich würde fangen! Aber ihr könnt es euch denken! Kein Karpfen für Jochen…aber Brassen, Unmengen! Dennoch war ich mir sicher, der nächste, der hier fischen geht würde diesen Fisch fangen. Und so wollte ich mich dort festbeißen. In der nächsten Woche kündigte sich ein fettes Tief mit schweren Unwettern an…

Bei die Arbeit – Helm auf!

Geilomat: In der Nacht von Donnerstag auf Freitag fand ich mich an der Flachwasserzone wieder! Kein Wind, 30°C und trotzdem hatte ich ein gutes Gefühl (sollte sich ändern, keine Sorge!). Ich hatte auch vorgesorgt und ausschließlich dicke 24er Murmeln gefüttert und im Gepäck! Brassen, die diese Murmeln nicht kennen, sollten mich also in Ruhe lassen… und Unwetter kann doch gar nicht so schlimm sein… Zwei Stunden später war keine Rute mehr im Wasser (Japp, Brassen…) und ich fand mich mit einer Abhakmatte auf dem Kopf (wegen der faustgroßen Hakelkörner) und mit beiden Händen an der Spinne des Brolly (wegen dem Sturm) auf meiner Liege wieder. Der Niederschlag war so heftig, dass unter meiner Liege ein reißender Bach entstanden war (ich schwör!). Klitschnass und nach Brassen stinkend stand ich am nächsten Morgen in der Firma! Einer der wenigen Momente, in denen man sich freut am sicheren Schreibtisch zu sitzen. Hämisches Gelächter seitens meiner Kollegen und vom Chef machten meine Laune nur unwesentlich besser, aber nun denn, das hatte ich mir ja so ausgesucht! Am Nachmittag kam Simon in den Laden und wir beschlossen die nächste Runde gemeinsam zu starten. Das Wochenende wurde verabredet, der Freundin wurden liebe Augen gemacht und so hatten wir eine Nacht von Freitag auf Samstag! Da Simon genauso wie ich vom Schnorcheln schwer begeistert ist, waren wir beide recht lange mit der Spotsuche zu Gange!

Wir kannten ja schon unsere Kumpels, die Brassen, und so wurden alle Ruten mit doppel 24er ausgestattet! Ich fischte zusätzlich mit einem extra langen Haar, für die totale, endgültige Sicherheit… Der erste Brassen stieg 30 Minuten später bei mir ein. Alle Ruten liefen ab…Japp, keine Karpfen! „Geilo, was geht denn hier ab!“ An normales Angeln war gar nicht mehr zu denken. Alles voll mit den Viechern: Wenn man mit der Kopflampe über die Flachwasserzone leuchtete, so leuchten die Augen von tausenden Brassen (wieder schwör!) entgegen! Und so zogen wir am Samstag, nachdem wir ausgiebig geschnorchelt waren, unverrichteter Dinge von dannen! So sehen Helden aus!

Aber nicht mit mir – Cheffe, ich brauch 30er!

Ich mache es mal kurz, in meiner Flachwasserzone brachten die 30er nur die Erkenntnis: Bleiben völlig unberührt! Kacke!

Ich hatte keine Idee, trat auf der Stelle. Auch wenn ich (bis auf den ein oder anderen Gastauftritt meiner Mitangler) alleine diesen See beackerte, waren die anderen sich recht einig, dass die Karpfen nicht so richtig auf Boilies stehen – glaubte ich nicht! Partikel in der Brassenseuche? Nö, danke,  so verzweifelt war nicht….NOCH nicht! Es war mittlerweile die 20 Nacht vergangen. Und während ich die Worte hier schreibe, muss ich immer wieder durch den Whatsapp Verlauf zwischen Simon und mir hoch und runter scrollen, denn Simon war mein Leidenspartner, Motivator und Antreiber in einer Person. Ich stehe auf diese, sehr zähe Angelei, an Gewässern wo nicht viele Fische zu erwarten sind, aber trotzdem sind aufbauende Worte immer wieder wichtig! Dafür hier schomma ein großes Danke, mein Bester!

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Japp, das Futter kommt wohl weg!

 

Es war mittlerweile Ende August. Wir hatten ein kleines Aufzuchtsbecken für Karpfen, in welchem wir regelmäßig eine kleine Anzahl Karpfen hochziehen, um diese dann, wenn sie groß genug sind in unsere Gewässer setzen. Leider hatten alle möglichen Leute ihre Gartenteiche in dieses Becken entleert und so hatten wir keine Ahnung, wie viele Fische in diesem Miniteich ihre Runden drehten und es war so heiß, dass die Fische raus mussten, ansonsten würde der Teich kippen. Was das mit meiner Geschichte zu tun hat? Locker bleiben, kommt noch! Jedenfalls fanden ca 60 Fische mit einem Durchschnittsgewicht von ca 3-5 kg ihren Weg in unseren Baggersee. Wir waren sich: „Die sehen wir nie wieder!“

Raus aus dem Trott

Ich brauchte dringend Abwechslung, gerade deswegen genoss ich meine Mittwoch Sitzungen mit Niko am „Szenepool“, aber auch dort hatten wir noch keinen Fisch landen können. Wir machten einen gewagten Schritt und schnorchelten ein Areal ab, an welchem wir sonst nicht fischen würden. Aber irgendetwas sagte uns, dass es ein Versuch wert sein sollte! Das viele Kraut, das leicht trübe Wasser und die Gewissheit, dass es viele richtig große Waller gibt, machte den Tauchgang nicht gerade zum Genuss.

Vor allem als unter mir plötzlich ein großes Krautfeld in Bewegung kam und tausenden Luftblasen aufstiegen, war mir doch recht mulmig. Ich hatte einen Wels aufgescheucht und dieser verschwand seelenruhig aus seinem Loch…ich allerdings war einem Herzinfarkt nahe und schwamm wie ein geölter Blitz ans Ufer. Niko, dem auch nicht so wohl bei der Sache war, folgte mir und wir beschlossen die Ruten vom Boot abzulegen. Mit der Gewissheit, da geht was, gönnten wir uns eine Packung Schokobrötchen und ein Alster und pennten beide direkt ein. Die Sonnen stand schon recht hoch am Himmel als wir leider vom Wecker gewckt wurden. Naja, ein Fisch war uns wohl nicht gegönnt. Da wir beide unter freiem Himmel gepennt hatten, mussten wir nicht viel einpacken und so beschlossen wir noch bis zur letzten möglichen Minute auszuharren. „Man, ich hab schon echt lange keinen Vollrun mehr gehört!“ stellte Nico mit erschrecken fest. Ich konnte gerade noch: „Jo, ich auc…..,“ ausprechen, als meine Ruten den Kopf neigte und der Bissanzeiger zu schreien anfingen! Unglaublich, wir waren im Spiel. Zu zweit in das kleine Plastimo, denn der Fisch knallte voll ins Kraut. Chefarzt Tsikouris schaffte es aber gekonnt den Fisch aus dem Kraut zu operieren und mit einem Freudenschrei lag der Fisch mitsamt Krautfeld im Kescher! Nico, tausend Dank für die geilen Mittwochssessions!

Ein ganz besonderer Fisch! Danke Nico!

Größer, schneller….tiefer!

Beflügelt vom Erfolg, beschloss ich am großen Baggersee auf die Spitze der Landzunge zu ziehen. Zwar waren die Kanten hier sehr steil, endeten aber auf moderaten 12m. Es war eine Art Stufe, die erst später weiter auf 25m fallen sollte. Diese 12m waren genau in 27m Entferung. Perfekte Bedingungen um Futter draufzukellen. Scheiß drauf, Versuch macht kluch! Und so fing ich an zu füttern. Parallel fing ich an, eine alte Schwarzangler Stelle zu füttern, die ich dann ursprünglich nach dem immer näher kommenden  Urlaub befischen wollte.

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Die „Schwarzanglerbucht“ – Ein wunderschöner Platz… nur wenig erfolgreich!

 

Noch zwei Wochen bis der Urlaub beginnen sollte! Ich konnte es kaum aushalten, fütterte ich doch zwei Stellen… ohne zu fischen! Da musste doch eine Nacht drin sein. Ich fischte kurze zwei kurze Nächte auf dem 12m Spot, konnte aber weder Brassen, noch Karpfen haken. Ich konnte sie aber sehen. Regelmäßig zur Futterzeit (morgens vor der Arbeit) rollten die Fische und zwar ausschließlich überm Futter. Meine Kollegen vermuteten bei mir schon schwere Halluzinationen… ich blieb aber hartnäckig und als der Urlaub kam, baute ich auf, wollte eine Woche fischen und fand mich am nächsten Tag zu Hause im Bett mit einer fucking Sommergrippe! Immerhin konnte ich in der Nacht, in der ich krank wurde „nur“ eine Brasse haken. Futter kam also weg, gut so! Da ich vor Frankreich kein Risiko eingehen wollte fischte ich, als ich Mittwochs wieder halbwegs aufm Damm war, nur noch eine kurze Nacht auf der Schwarzanglerstelle. Ich hatte an diesem See schon viele viele Brassen gefangen (und zur Erinnerung noch zero!! Karpfen!), aber die gleiche Menge, die ich insgesamt bis hier her gefangen hatte, fing ich in dieser einen Nacht. Es war so krass, dass es schon wieder witzig war. Ich pendelte die Ruten raus, lege sie auf den Bissanzeiger, manchmal schaffte ich es nicht mal den Hänger einzuhängen, schon waren die Schleimer am Start. Mit mehr Ringen als Augen hieß es also: Franzreisch isch komme! Kurzes Statement, japp ich kann doch noch Karpfen! Daran lag es also nicht!

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Motivationsfranzose!

Fische die rollen, beißen nicht…immer!

Mit frischer Energie und altem Elan sollte nach dem Urlaub alles besser werden. Alles Leute, ALLES! Ich fischte eine Nacht auf dem 12m Spot, den Rest der Woche fütterte ich. Brassen fing ich wundersamerweise nicht mehr….ansonsten aber auch nichts. Die Fische sprangen und rollten fröhlich auf meinem Spot, aber weder Zig Rig noch Mais konnte eine Besserung bringen! Ich fing sie einfach nicht. Ich war an dem Punkt angekommen, an dem ich ernsthaft über Rigs nachdachte. Etwas was absolut nicht angebracht sein sollte, aber ihr kennt das vermutlich selber! Ich kann euch aber mit auf dem Weg geben, Futter oder Rig ist in 90% nicht schuld am Blanken! Gott sei Dank hatte ich meine Liebste dabei, so dass der Blank nur halb so wild war.

Mit manchen Menschen ist Fangen zweitrangig!

Es war bereits Ende September, Simon verweilte mit seiner Freundin auf Bali und ich bewunderte wieder einmal den Sonnenuntergang aus meinem Bivvy. Wie in letzter Zeit immer, lagen meine Ruten wieder auf 12m gestaffelt. Wirre Träume endeten mit einem fetten Klatscher! Es war schon ca 8 Uhr als ich die Augen öffnete. Klaro, die ollen Fische verarschen mich, dachte ich mir, als ich einen Kaffee aufsetzte. Ich entschloss meinen Halluzinationen ein Ende zu setzen und filmte die Fische beim Springen. Gegen 10 Uhr brunzelte mein Monkey vor sich hin und folgende Worte glitten durch Whatsapp:

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Aber gefolgt von diesen Worten:

„Simon, ich dreh durch! Ich hab einen!!“

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Kein Riese, aber riesengroße Emotionen!

Ich war hin und weg! Ich hatte einen Karpfen in diesem verwunschenen Baggersee gefangen. Hammerhart! Nein, kein großer, nein kein besonders schöner, aber ein wahnsinnig wichtiger! Ich hatte den Schlüssel! Ich war der Übertyp. Was nun folgte war Selbstgeislung vom allerfeinsten! Ich dachte, dass ich nun einfach nur weitermachen müsste! Weit gefehlt! Ich fütterte weiter, fischte aber nur noch kurze Zeitfenster von 06:00 Uhr bis 11 und fuhr dann zur Arbeit. Konnte aber keinen Fisch haken. Bis zum 12ten Oktober. Ich hatte eine Rute in die Flachwasserzone gezogen. Um 8 Uhr morgens bekam ich einen Fallbiss, den ich nicht deuten konnte. Ich war mir sicher nichts am Haken zu haben, aber kurz vorm Ufer schwamm der Fisch plötzlich parallel zum Ufer, zwar nicht kräftig, aber unmöglich ein Brassen. Als mein Kescher sich um den Zwerg schloss, war ich mir nicht sicher, ein Bild auf der Matte bestätigte aber: Einer von den 60 Satzis! Ich war baff!

Satzi Nummer 1 :)
Satzi Nummer 1 🙂

Du sitzt hier an einem über 60ha großen See und fängst einen von 60 selbst besetzten Fischen? Spricht nicht für den Bestand, oder? Ich war schon angefressen und baute ab. Mein Zeitplan sah im Oktober noch eine schnelle Nacht und eine Nacht am WE vor, mehr sollte nicht drinsitzen. Ich hegte aber größte Hoffnung, jetzt da ich zwei Fische fangen konnte…(ihr fragt euch, wo die Brassen sind? Ich hab keine Ahnung, aber ich hab nicht eine mehr gehakt oder gesehen seit…!)

Teufliche Eichhörnchen und verlieren geht immer!

Aber der Teufel ist ein Eichhörnchen, es kam etwas dazwischen und so wurde aus der kurzen Nacht, ein ganz kurzer Morgen. Dennoch, mit Schokobrötchen und Karamellatte aus dem Discounter bewaffnet, saß ich um 7 Uhr aufm Spot. Die Fische rollten wie immer, als sich aus dem Nichts meine Rute verneigte. Pinker Poppi am Hinged Stiff Rig! Vollstes Vertrauen. Ganz langsam, aber kräftig nahm der Fisch von der ziemlich geschlossenen Bremse Schnur und drehte, ohne Kopfschläge, seelenruhig und tief seine Runden. Ihr wisst, was das heißt? Japp, ich auch! Herzschlag wie ein Kolibri und grinsend wie ein Honigkuchenpferd, so fand ich mich im Drill mit einem gefühlt großem Gegner…der sich wendet,..oh nein, das fühlt sich nicht…Schnur schlaff, ich auch! Still, Herzschlag auf Minimum, mein Atem steht, der Mund offen. Nichts mehr, ich drehe ungläubig die Montage rein. Ausgestiegen. Seit Jahren ist mir kein Fisch ausgestiegen, aber der vielleicht wichtigste der letzten Jahre….einfach weg! Dieses Nichts im Kopf, der hohle Magen, die geballte Faust…hilft alles nichts, Arschlecken! YOU LOOSE! Fuck, Fuck, doppelfuck! Angeln ist nicht fair – nie! Ich fahre zur Arbeit. Kleinlaut erwähne ich meinen Verlust, lasse mir aber nicht anmerken, dass dieser einen deutlichen Kratzer in meiner Motivation hinterlässt.

Eine Chance gebe ich dem Ganzen noch, eine gut geplante Nacht, auf gutem Futter! Der Freitag naht, ich spüre wie die Kräfte zurückkommen. Routiniert knall ich die Ruten auf die Spots. Schlaf ein Junge, sie kommen sowieso erst morgens, denke ich mir. 05:30 – Augen auf! Hat da nicht was gepiept? Hab ich den Piep geträumt? Ich starre auf meine Funkbox. Piep!! Japp, ich eile aus dem Zelt, der Hänger hängt durch, die Schnur schlaff! Fallbiss, Rute hoch, Schnur rein, Widerstand… Zu wenig. Ungläubig keschere ich erneut einen von den Besatzfischen.

Satzi Nummer 2

Mund abwischen. Montage fliegt auf den Spot zurück. Ich bin durch mit der Bereifung. Ich rolle einen Stein den Berg hinauf… Whatsapp und Bild an Simon. Galgenhumor kommt auf, den auch kein Kaffee und kein Toast mehr mildern kann. Simon schreibt: „Luftdruck… dies das… heiße Zeit kommt noch…“ – Wieder ein Fallbiss. Wenig Widerstand. Ein Video sagt mehr als tausend Worte. Ich bin durch! Noch vor 10 Uhr bin ich weg. Untypisch.

Ich lecke meine Wunden, aber ich stelle das Füttern ein. Simon und ich beschließen einen anderen Baggersee für die letzte gemeinsame Session zu beangeln. Der See, an dem ich die wilde Zeile oben im Text fangen konnte. Allerdings müssten wir beide richtig weit dorthin fahren! Ob sich das lohnt? Die Nadel im Heuhaufen?! Erste Zweifel sind nie gute Vorboten.

Wir diskutieren, argumentieren. Ende des Lieds:  5 Nachrichten später sitze ich im Auto Richtung 12m Spot. Hier lag so lange Futter und wenn nichts geht, nen Satzi geht auscheinend immer. Zudem können wir hier zumindest feinst einen wegchillen! Also scheiß auf die Fische, Hauptsache die Saison ausklingen lassen. Und auch die Idee zu Feeder und auf Hecht zu fischen hebt die Motivation! Wird schon werden!

Alles vorbei – alles egal!

Es ist der 25 November, ich baue alles auf… die große Rutsche! 2 Mann Bude, Grill, Heizung… – weder Simons -, noch mein eigentlicher Angelstil, aber scheiß druff! Entspannung steht auf dem Plan. Die Ruten liegen schnell und Simon zieht gegen 19 Uhr auch ins Titan ein. Wir quatschen bis tief in die Nacht und genießen beste Burger! Als wir morgens aufstehen, sind wir zwar nicht enttäuscht, aber während wir beim Feedern auch noch in die Röhre schauen, wird uns klar, dass wir hier nichts reißen werden.

Zwei Ideen stehen im Raum: Hier am Gewässer moven und realness beweisen oder an ein anderes Gewässer, wo man immer einen Fangen kann, moven? Wir zweifeln anfangs, aber im Herzen war uns beiden klar, dass wir an diesem Gewässer bleiben müssen! Das Abbauen stellt sich als riesen Akt raus, viel zu viel Bequemlichkeitstackle dabei. Wir ziehen in die Bucht, wo meine erste Nacht an diesem Gewässer stattgefunden hatte. Ich lasse Simon den Vortritt mit Ruten fahren und baue das Zelt auf!

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The waiting game!

Ich friere, habe Halsschmerzen, alles ist nass und schief. Mit scheidender Körperwärme schwindet auch meine Motivation, das Gemove, keine Action und die Kälte lösen einen inneren Tiefpunkt aus! Ich bin platt, ausgepowert und müde! Trotzdem, als ich die erste Rute ablege, kommt ein kleines Hoch! Man, da muss die Rute hin! Kennt ihr das? Diese komische Sicherheit, die plötzlich aufkommt? Nachdem auch Rute Zwei und Drei an Ort und Stelle sind, stelle ich zufrieden fest:“ Simon, eine von beiden Ruten läuft ganz sicher… und wenn es nur eine Motivationsbrasse ist!“ Wir lachen über den Galgenhumor und stellen fest, es ist dunkel und wir haben noch nichts gegessen. Eigentlich war grillen geplant, das geht hier aber nicht! Und somit wird aus Gegrilltem Sandwiches. Passt, Hauptsache was im Bauch! Daniel und Jürgen kommen noch vorbei und wieder quatschen wir bis in die Nacht hinein. Einen Kleinkrieg mit meiner Liegen gewinne ich nur knapp und so schlief ich satt, glücklich, aber komplett schief ein. „DÖDÖT!“ Simons RX weckt uns mit einem Einzelton. Ente lässt grüßen.

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Im letztem Licht liegt endlich die letzte Rute!

Ein Blick aufs Handy verrät, dass es schon kurz vor 9 ist. „Heute mit Frühstück, oder?“ Ich überspiele meine Enttäuschung. Aber 3 Sandwiches später (äh, wir essen davon zu viel, japp!) ist wenigstens das Loch im Bauch weg. Wir beobachten das Wasser, aber bis auf vielen Enten, kann man nichts sehen. Wir beschließen noch ein Stündchen auf Hecht zu fischen, einer muss doch drinsitzen. Aber auch dieser Fisch bleibt uns verwehrt.

Ich resigniere und stelle fest, dass ich eigentlich noch nie beim Einpacken gefangen habe. Es ist bereits Mittag, mein Blick schweift über den See. „Das war dann wohl meine Saison 2016,“ seufzte ich.

Ich stiefel ins Wasser, baue die Paddel und das Echolot vom Boot ab, mache es von innen sauber, ziehe es zum Trocknen ans Ufer. Als ich im Zelt meinen Rucksack packe, kommt Simon mit dem Fuß an mein Ruten. PIEP! „ Sorry, das war i…!

Vollrun! Aufgeregt hüpft Simon hin und her: „Die läuft, die läuft, die läuft!“ Ich stolpere über meine eigenen Füße, verliere einen Croc! Rute hoch! Mächtig Druck! Puls auf Anschlag versuche ich meinen Kescher zu greifen, um ins Boot zu hüpfen, aber Simon ist hellwach, schnappt beide (bereits abmontierten) Paddel, seinen Kescher (wie auch immer er daran gekommen ist), dreht das Boot um und ich springe rein, Simon hinterher. In Windeseile sind die Paddel montiert, erst jetzt kann ich so richtig realisieren: Das ist echt!

Simon navigiert uns Richtung Fisch: „Ruhig, Simon, mach langsam, der Fisch ist weg!“ Ein kurzer Moment der Panik lässt mich diesen Satz aussprechen! Aber der Fisch ist nicht weg! Wir sind über dem Fisch, Simon vergewissert sich, ob mein Bremse auf ist. „Natürlich!“ stottere ich raus! Ich spüre guten Druck, aber der Fisch kommt hoch. Ich sehe ihn, wage es aber nicht auszusprechen. „Alter….alter, das ist…ne Halbzeile, oder?“ Vier große Augen schauen sich ungläubig an! „Nee, das ist ne richtige Zeile…sag bitte nichts mehr…,“ denn wir haben noch nicht gewonnen! Der Fisch zieht noch einmal unters Boot, ich pumpe ihn zurück, er legt sich auf die Seite. Simon und ich schauen uns an! Wir sind baff, und wie! Für den Gesichtsausdruck würde ich Eintritt zahlen. Alles läuft in Zeitlupe, Zentimeter für Zentimeter drücke ich die Rute hinter meinen Kopf, die Schnur singt, Simon senkt den Kescher, drückt ihn nach vorne. Stille.

Unfassbar!

Wir schreien, wenn es im 2m Boot möglich wäre, hätten wir getanzt! Im Kescher liegt eine Wahnsinnszeile! Völlig unbekannt, nie gefangen, in einer astreinen Dimensionen. Wir feiern, ehrliche, unendlich Freude! Das ist es doch, oder? Das ist der Spirit! Das ist Karpfenangeln! Zumindest für Simon und mich!

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„Manchmal ist Angeln dann doch fair!“

Wir müssen lachen!

Alles vergessen, jetzt ist alles anders! Simon, Junge, ich bin dir so dankbar!

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