Kann doch nicht wahr sein, da muss doch was gehen! Ich knie neben meinen Ruten, blicke leicht verzweifelt über die krause Wasseroberfläche und puste den Rauch meiner Zigarette in die kühle Luft. Auf meiner Stirn bilden sich die selben kleinen Wellen, wie auf dem Wasser.
Es ist schon alles eingepackt, der Trolly steht beladen neben mir und nach der einen Zigarette müssen die Ruten aus dem Wasser. Ich habe richtig gute Plätze gelotet, feinster Kiesel inmitten von Schlamm, eine direkte Kante daneben. Meine Ruten liegen perfekt, das einfache Vorfach, durchgebunden an einem Krankhook mit einem Krill BP Bodenköder und das Hinged Stiff Rig mit einem wenige cm aufgepopptem weißen Dumbell. Das ganze garniert mit einigen wenigen Red Spice Fisch, Krill BP und Scoberry Kugeln. Ich nehme noch einen Zug meiner Zigarette und erinnere mich…
Es ist Mitten im Mai und ich sitze seit 5 Tagen mit meinen Jungs an einem See im tiefsten Ostfriesland. Die Woche voraus wurden hier viele gute Fische gefangen und auch ich konnte in der 1. Nacht einen Spiegler auf das Chod Rig landen. Doch seit dem ist es Tot, die Sonne brennt vom Himmel und die Fische haben sich im Laichgebiet versammelt. Ich packe gerade meine letzten Sachen auf den Trolley, nur die Ruten stehen noch im Wasser.
Ein lautes klatschen an der Insel, mitten auf meinem Platz, lässt mich hochschrecken. In einem Bruchteil der Sekunde wird die Rute krumm gerissen und die Schnur fliegt von der Rolle. Ich springe ins Wasser und greife mir die Rute, eine große Bugwelle zieht vor Insel lang. Er will in die alten Äste flüchten, doch ich kann ihn halten und ins Freiwasser lenken. In den letzten Minuten kann ich noch einen tollen Schuppi landen und nach dem Zurücksetzen, kurbel ich die restlichen Ruten ein, packe sie oben auf den Trolley und mache mich auf den Weg zum Auto. Der letzte macht das Licht aus!!!
…zurück in die Realität, ich drehe die Glut meiner Zigarette auf dem feuchten Moosboden ab, stecke mir den Filter in die Tasche und blicke auf die Uhr. Schon so oft kam es noch in letzter Sekunde, beim einpacken oder wenn die 1. Tour zum Auto gebracht wurde.
Meine Ruten sind immer das letzte was ich abbaue, bis zur letzten Sekunde versuche ich den Moment zu nutzen. Ich blicke auf die Ruten und noch einmal über den Spot, es ist bewölkt und nebelig, es erscheint alles wie durch einen Schwarz/Weiß Filter. Ich greife nach der 1. Rute, spure den kalten Tau auf dem Blank und höre das leise piepen beim Aufnehmen. Der Stow fällt aus der Schnur und landet auf dem Boden, ich beginne zu kurbeln. Verstehen kann ich es nicht, der Platz ist gut, die Stellen wirklich interessant und die Fische müssen hier vorbeikommen. Ist es das Wetter? An diesem Wochenende haben viele Leute blank gesessen. Ich ziehe die Banksticks aus dem Boden, lege sie auf den Trolley, nur der Kescher lehnt noch am Baum, ich packe ihn und drehe dem See den Rücken zu. Es hat nicht sein sollen und so sehr es mich irgendwie doch innerlich ärgert, ist es gut so. Es zeigt mir die Realität, abseits von Twitter, abseits von Facebook, welches mir vorspielen will, das jeder immer Fische fängt. Es gibt mir persönlich wieder Antrieb und vielleicht sind es das nächste mal wieder die letzen Sekunden, die darüber entscheiden, wer das Licht aus macht!
Gruß von einem ganz normalen Angeltag!
Tammo