In meinem Moskitonetz verfangen sich Regentropfen. Plopp… plopp…, sie laufen an den feinen Maschen entlang und sammeln sich, um mit einem dumpfem Geräusch auf meinen Eimer zu schlagen. Es regnet seit Stunden. Fieser, monotoner Landregen kommt an diesem Abend über mir herab. Der Schirm bewahrt mich vor der nassen Pest. Ich ärgere mich ein wenig, hätte ich doch mal mein Bivy eingepackt. Stattdessen verharre ich nun wartend unter meinem Umbrella. Bereits zum zweiten Mal musste ich heute meine Regenbekleidung wechseln. Sie war viel zu durchnässt, um damit auf der Liege zu verharren. Zum Glück habe ich in meinem Auto immer eine Auswahl vorrätig. Schlechte Bekleidung macht schlechte Laune und man verliert rasch die Lust am Aussitzen. Ich drücke mich davor die letzte Rute zu platzieren. Eigentlich habe ich keine Lust mich erneut dem Regen ein wehrloses Opfer zu sein, doch es hilft alles nichts. Ich will Fische fangen!
Also montiere ich, wie so oft in den letzten Wochen, die letzte Rute mit einem weißen Scoberry Poppi am Withy Pool Rig. Heute versuche ich es mal wieder mit Fischöl. Ich denke die Wassertemperatur lässt es zu! Meine White Halibutt Freezer übergieße mit purem Lachsöl und lasse es einige Stunden einziehen. Um meinen Hakenköder verteile ich davon großflächig eine, vielleicht auch zwei Hände voll. Das Öl verbreitet sich in allen Wasserschichten und bildet, durch den Wind und die dadurch entstehende Unterströmung, eine große Aromawolke. Hoffentlich klappt es!
Ich entscheide mich dieses Mal nicht für den Spot mitten im See, sondern lege meine Rute an einer kleinen Landzunge ab. Weicher Boden, der langsam in hartes Sediment übergeht. Eine stetig tiefer werdende Bodenstruktur sollen diesmal der richtige Platz sein. Hier habe ich in den letzten Nächten nie gefischt, es sah immer tot aus. Kennt ihr das?
Manchmal hat man einfach dieses Gefühl im Bauch, manchmal riecht es förmlich nach Fisch. So ist es heute. Ich weiss nicht woher diese Gefühle kommen. Vielleicht ist es die Verknüpfung von Erfahrung und wiederkehrenden Situationen. Jede Saison lernt man dazu, jedes Frühjahr fällt es einem leichter die Magie des Wassers zu lesen, die Umstände schneller zu verarbeiten und umzusetzen. Kennt ihr das, an einem See zu stehen und zu sagen – da, da, da und da müssen einfach Karpfen entlang ziehen. Da müssen sie fressen, da kann man sie fangen. An den einfacheren, gut besetzten Gewässern ist es dann auch kein Problem, Fische zu fangen. Doch interessant wird es an dünnbesetzten, wesentlich schwereren Seen. Gewässer, die einfach so viele attraktive Stellen aufweisen, dass man gar nicht mehr weiss, wo man eigentlich angeln soll. Zwei oder drei Ruten reichen lange nicht, um die vielen Hot Spots abzudecken. Da heißt es dann – suchen! Denn nur wer sucht, findet auch. Eine Taktik ist, es über das Futter und große Futterplätze zu versuchen. Bei einem geringen Fischbestand will ich allerdings jeden Fisch an den Haken bekommen, der mit meinem Futter in Kontakt tritt. Ich sehe eine zu große Gefahr, alleinziehende große Fische zu sättigen und sie dann nicht mehr fangen zu können. Ich bleibe mobil, fische instant und beangel immer wieder andere heiße Stellen. Solange, bis ich Erfolg habe. Ich habe große Hoffnung so endlich einen der ganz großen Schätze finden zu können.
Es ist wie bei den Goldsuchern des wilden Westens, die immer wieder am Fluss standen und den Kies wuschen. Sie hatten wahrscheinlich Tonnen von Kies auf ihren Sieben, bis sie irgendwann einen großen Goldnugget drauf hatten. Jackpot! Es ist ein bisschen wie bei uns… Wir probieren es so lange, bis irgendwann eine besondere Perle, vielleicht der Zielfisch im Netz liegt!