Der Wasserkessel brodelt, heißer Wasserdampf steigt empor. Langsam öffne ich meinen Schlafsack, verlasse mein warmes Nest und stülpe meinen Füßen die eiskalten Schuhe über. Mit der rechten Hand drehe ich die Brennstoffzufuhr ab, nehme den Teekessel und überbrühe einen Teebeutel mit heißem Wasser. Es ist bitterkalt geworden. Wir haben gerade einmal sieben Uhr abends und es ist schon ein paar Stunden dunkel. Ich glaube, das ist mein fünfter Tee, den ich mit etwas Milch und Zucker verfeinert, über meine Kehle laufen lasse. Er wärmt mich, gibt mir Kraft. Bevor ich mich zurück in mein Nest begebe, lindere ich meinen Blasendruck und suche die kargen Büsche auf. Schritt für Schritt stampfe ich durch das bereits gefrorene Gras. Es knistert und knackt unter dem Druck meines Gewichtes. Alles ist starr und glitzert im Schein der Kopflampe. Ich beeile mich. Schnell zurück ins warme Nest, es ist frostig. Über-, und Unterwasser. Nicht einmal 5 Grad hat das Wasser noch.
Es läuft nichts, schon den ganzen Tag sind meine Bissanzeiger stumm. Ich grübele, stoße meine Gedanken an, woran es liegen mag, dass sich der Erfolg nicht einstellt. In der Regel ist es die Kombination aus kaltem Wasser, schlechtem Platz und unattraktivem Futter. Das passt was nicht. Ich muss etwas ändern. Sofort! Wir müssen der Realität in die Augen sehen. Selbst wenn wir es uns nicht wünschen, doch der Winter ist angekommen – mit großen Schritten. Die Temperaturen nehmen während der Nachtstunden immer weiter ab und selbst tagsüber erreicht das Thermometer nur mit Mühe die +5 Grad Grenze. In all unseren Köpfen sind hoffentlich tolle Stunden, die wir im Sommer und Herbst am Wasser verbracht haben. Die Bilder in unseren Köpfen werden uns den Winter über mit tollen Fischen und Eindrücken versorgen und dennoch weiß ich, bei euch wird es auch in diesem Winter wieder in den Fingern jucken. Uns allen wird spätestens um Weihnachten herum die Kälte, Nässe und besonders die Dunkelheit auf die Laune drücken. Bei mir mangelt es auch schon Mitte Dezember an einer ordentlichen Portion Vitamin D. Ein wenig Sonne und ein wenig Adrenalin könnte sich in meinen Adern ganz gut anfühlen. Ein gepflegter Ausritt ans Wasser wird dann unumgänglich werden. Vielleicht eine Tagessession, vielleicht auch, sollten die Temperaturen es zu lassen, eine ganze Nacht am Wasser.
Ein kleines bisschen freue ich mich auch auf die Zeit im Zelt, dem kuschelig warmen Schlafsack und die wärmende Zeltheizung am Eingang meines kleinen Bivvys. Ohja, die Vorfreude ist die schönste Freude, doch ist es erstmal Realität, kann man es sich auch nicht mehr schön reden. Naja, vielleicht ein bisschen. Ich freue mich auf dampfendes Teewasser und auf gefrorene Rutengriffe, auf knisternde Grashalme und auf wolkenlose Himmelsbilder. Wenn es morgens langsam wieder hell wird, ein paar Amseln ihr Morgenlied trällern und die Schornsteine weiße Rauchfontänen in die Luft blasen. Dann weiß ich genau, der Winter ist angekommen und jeder einzelne Fisch, den ich vielleicht erwische, ist so viel wert, sei er noch so klein. Sie sind nicht einfach zu überlisten, aber das ist doch auch etwas Besonderes, oder etwa nicht?
Der Winter hat etwas spezielles, magisches, viel Ruhe, aber leider nicht nur traumhafte Seiten. Wenn die kalte Jahreszeit in unseren Alltag rückt, beginnt auch die quälende und langatmige Wartezeit auf einen Biss. Die genaue Lokalisierung, das Aufsuchen und das Finden der Fische, ist wohl in keiner Jahreszeit ausschlaggebender und entscheidender für unseren Erfolg, als jetzt. Unsere Zielfische sind wechselwarme Tiere, ähnlich wie Reptilien passen sie sich den Temperaturen ihrer Umgebung, dem Wasser an und steuern entsprechend ihren Stoffwechsel. Die Verdauung wird minimiert, ihr Energiehaushalt wird auf ein Minimum reduziert und die Nahrungsaufnahme ist in dieser Zeit gering.
Unsere Aufgabe im Winter ist nicht nur den genauen Ort zu finden, an dem wir Fische fangen können, auch unsere Köder müssen wir den Temperaturen entsprechend anpassen. Häufig ist es eine, oder es sind mehrere Stellen, an denen sich die Karpfen zusammen rotten und sich nur wenig bewegen. Eine ganz schwierige Vorraussetzung für erfolgreiches Winterangeln. In dieser kommenden mehrteiligen Serie beschreibe ich die Möglichkeiten, Köder, aber auch unser Beifutter auf ein Maximum an Lockwirkung zu steigern und für die winterliche Angelei auf Karpfen zu optimieren. In regelmässigen Abständen wird es insgesamt 10 verschiedene Teile geben, die sich alle aufeinander aufbauen und euch die nötige Unterstützung beim Fang eines Schneekarpfens geben sollen. Ich wünsche an dieser Stelle schon mal viel Spass!
PEACE, Felix Kaczmarek
>> kennst du schon twelve ft.?