Der Herbst ist für mich die Zeit der Baggerseen. Nicht unbedingt, weil es dann besonders produktiv dort ist, sondern weil es an meinen üblichen Gewässern dann nicht mehr läuft. Die Stauseen meiner Heimat haben dann nämlich oft extrem niedriges Wasser und lassen sich kaum noch beangeln – eine Alternative muss her.
In unmittelbarer Nähe gibt es bis auf kleine Teiche und Flüsse keine anderen Gewässer, doch nehme ich etwa eine Stunde Fahrt Richtung Rhein in Kauf, habe ich fast mehr Auswahl als mir lieb ist. In diesem Jahr fiel die Wahl auf einen etwa 50 Hektar großen Baggersee mit einem sehr großen Fischbestand. Ich kannte ihn bereits recht gut und wusste, auf was ich mich einlasse.
Trotz der weiten Anreise wollte ich mir einen Futterplatz aufbauen, den ich zwei mal pro Woche befütterte. Einmal Sonntagabend, am Ende der Session, und das andere mal unter der Woche, meistens mittwochs. So lag konstant Futter am Platz und ich musste nur einmal extra zum Füttern die lange Fahrt auf mich nehmen.
Wie immer wenn ich eine Futterkampagne starte, fliegen erst mal eine ganze Menge Partikel wie Mais, Weizen und Tigernüsse rein um den Platz zu aktivieren. Bewusst locke ich Weißfische und kleine Karpfen an, welche dann die Aufmerksamkeit der großen Fische auf sich lenken werden. Da an diesem See Boote nicht erlaubt sind und es Stunden dauern würde meine zwei Eimer Partikel mit der Spomb oder Futterrakete auf den Platz zu befördern, beschloss ich meine Badehose mitzunehmen und das Futter raus zu schwimmen, was Mitte Oktober leichter gesagt als getan ist!
Das ganze wiederholte ich noch einmal, bis ich auf Boilies umstieg und nur noch Holli Rhône Liver Freezer in 18mm fütterte. Für mich ist das der optimale Boilie für eine Futteraktion im Herbst, da er durch seinen hohen Eiweißgehalt den Fischen das gibt, was sie zu dieser Jahreszeit brauchen.
Die erste Session von zwei Nächten startete ich etwa eine Woche nach der initialen Fütterung. Bereits nach wenigen Stunden bekam ich einen Biss und es war war direkt einer meiner Zielfische, was in Anbetracht des großen Bestands wirklich erstaunlich ist. Es war ein absolut makelloser Spiegler mit gelber Färbung und wie abgenutzt wirkenden Bauchflossen – typisch für die Karpfen in diesem See. Überraschenderweise fing ich, bis auf ein paar Satzern, nichts mehr bei diesem Trip.
Die folgenden Wochenendtrips verliefen ähnlich. Nicht viele, aber besondere Fische fanden bei jeder Session den Weg in meinen Kescher. Einer davon war ein uralter Spiegler. Der Drill verlief sehr ruhig, typisch für einen großen Fisch. Als dann noch der riesige Schädel vor dem Kescher auftauchte, wurde ich verdammt nervös! Auch wenn er am Ende nicht ganz so groß war wie ich auf den ersten Blick dachte, war ich vollkommen zufrieden. Es war genau meine Art von Karpfen – hochrückig, dunkel und wahrscheinlich älter als ich!
Ein weiteres Highlight war ein alter Bekannter. ‚Der Lange‘ macht seinem Namen alle Ehre und besuchte mich bereits zum dritten Mal in dieser Saison.
Als die Aktion am Futterplatz etwas abnahm, holte ich eine Rute ein und experimentierte mit ihr ein wenig. Ich tauschte den Bodenköder gegen einen auffälligen Popup und probierte es abseits des Futterplatzes. Zwar fing ich mit dieser Rute weniger Fische, dafür deutlich größere!
Nachdem es in den letzten Jahren bei mir nie so richtig lief im Herbst, war das endlich mal ein Saisonabschluss, mit dem man gelassen in den Winter gehen kann!
Viele Grüße vom Wasser,
Philipp Gatzsch