Im dritten Teil meiner kleinen Serie „Nadelstiche“, die sich rund um das Thema „kurze Ansitze“ dreht, möchte ich eine Angelstrategie beschreiben, die mir in der Vergangenheit schon gute Erfolge im Rahmen von Kurzsessions beschert hat.
Vor allem an Gewässern mit hohem Angeldruck machen sich viele Karpfen nicht unmittelbar nach dem Füttern über den Spot her, sondern beginnen erst langsam den Bereich und insbesondere das eingebrachte Futter zu inspizieren. Kommt ihnen dabei eine Schnur oder andere Störelemente in die Quere, wissen sie sofort, dass sie es heute langsamer angehen müssen. Das Resultat kennen wir: Der Futterplatz ist am nächsten Morgen leer und nur noch der Hakenköder liegt am Platz. Manchmal wird aber auch den kleinen, unerfahrenen Fischen der Vorzug gelassen und die älteren, vorsichtigeren Karpfen halten sich zu Beginn noch zurück. Erst wenn die Kleinen dann schon eine Zeit lang arglos fressen, werden dadurch auch die Großen animiert und legen verzögert los – vorausgesetzt einer der Kleinen hat sich noch nicht gehakt und mit viel Getöse Unruhe über das Areal verbreitet.
Um meine Chancen auf einen guten Fisch bei einem Kurzansitz zu erhöhen, füttere ich deshalb gerne wenige Stunden vor der Session an. Ideal ist dabei ein Zeitraum von maximal 24 Stunden – noch besser 12 Stunden – vor der Session um die Fische schon mal in Gang zu bringen. Diese Phase ist einerseits kurz genug, um die Fische auf dem Platz im „Fressmodus“ zu halten bis ich wieder zurück bin und andererseits lange genug, um ihnen ein erstes „Antasten“ des Platzes ganz ohne Hakenköder und Schnur zu ermöglichen. Am liebsten wende ich diese Strategie dann an, wenn ich abends füttern und gleich am nächsten Morgen für einen kurzen Ansitz aufkreuzen kann. Im Idealfall haben so die Fische schon ihre Vorsicht abgelegt, den Futterplatz größtenteils geplündert und kehren immer wieder zu dieser frisch gefütterten Stelle zurück, um noch ein letztes Häppchen zu suchen. Und dann kommt meine Zeit: Mit wenig, aber attraktivem, stimulierendem Futter biete ich diesen Fischen dann genau dieses Häppchen an. Zusätzliches Beifutter zum Anlocken ist dabei eigentlich gar nicht mehr notwendig, denn die Stelle sollte durch die erst kurz zuvor erfolgte Futteraktion bei den Fischen noch bestens bekannt sein. Wer zusätzlich doch noch etwas beifüttern will (Vertrauenssache) fährt mit ein, zwei Händen Stickmix oder einer Portion Boilieteig sicherlich ganz gut. Gelegentlich nutze ich dazu auch Kleingetier wie Zuckmückenlarven oder eingeweichte Seidenraupen die mit etwas Stickmix oder Partikelbinder zum Spot befördert werden können. Zum einmaligen Vorfüttern am Vortag setze ich am liebsten auf Futtermischungen aus Boilies und Partikeln, verwende zusätzlich aber auch gerne Pellets, wenn der Weißfischbestand es zulässt.
Ideal ist diese Vorgehensweise insbesondere dann, wenn die Zeit für eine ganze Nacht nicht reicht, weil man z.B. andere Termine am Abend hat, am nächsten Morgen aber doch gerne die Chance auf Dickfisch hätte. Ebenfalls gut eignet sich dieses Vorgehen für Gewässer, an denen die Fische besser am Tag fangbar sind und man seine Zeit so wesentlich effektiver nutzen kann. So habe ich beispielsweise auch schon zwei benachbarte Seen innerhalb von ein paar Stunden nacheinander befischt: Während ich den See 1 mit den überwiegend nachts beißenden Karpfen von 20.00 Uhr – 07.00 Uhr befischte, ließ ich eine kurzfristig angelegte Futterstelle im anderen See in der Zwischenzeit wirken. Gegen 07.00 packte ich am See 1 ein (da jetzt dort ohnehin nicht mehr mit einem Biss zu rechnen war) und schnickte die Köder für 3 – 4 weitere Stunden in den zweiten See. Und zwar auf perfekt vorbereiteten Plätzen…
Gruß
Simon Gehrlein