Kalt ist es geworden. Bitterkalt. Wir haben wechselnden Wind, mal Ost mal West und mal weht er aus der nördlichen Richtung. Eine steife Brise bläst unter meinen Schirm und lässt mich aufschrecken. Festhalten ist angesagt, denn der durchnässte Boden hält die Häringe nur noch schlecht. Wir haben April und die Fische an meinem Gewässer leiden unter den ständig wechselnen Bedinungen. Ich übrigens auch, den mal wieder bleibt der Kescher trocken.
Jeder Fisch ist eine Herausforderung und längst kein Selbstläufer. Habe ich an anderen Gewässern im Frühjahr teilweise mehrere Fische an einem Morgen fangen können, ist es hier etwas anderes. Trotz der geringen Gewässergröße ist es schwierig überhaupt einen Fisch zu fangen. Manchmal sind kleine Gewässer eben schwieriger zu beangeln, als größere. Auf einen Futterplatz baue ich schon lang nicht mehr. Zu oft musste ich ins Gras beissen und merken, dass die Fische sich davon nicht beindrucken lassen. Nicht nur im diesem Jahr.
Letztes Jahr klappte es selten. Eigentlich komisch, konnte ich die Fische anderer Gewässer immer recht schnell über das Einbringen von Futter an einen Platz gewöhnen. Hier ist es anders. Hin und wieder klappt es mal, aber den richtigen Durchbruch hatte ich bisher nicht. Stattdessen bleibe ich bei meiner Instant-Taktik, die besser funktioniert, als bislang gedacht.
Ich richte mich nach dem Wind, lege meine Köder an den aufgewühlten Uferkanten ab und hoffe auf Erfolg. Die Fische flacher Seen richten sich häufig nach dem Wind, besonders wenn er wechselt. Die ersten paar Tage ist dann das Windufer ein ganz interessanter Platz, um die nach Nahrung suchenden Fische an den Haken zu bekommen. Ich verwende in diesem Zusammenhang gerne auffällige Pop ups, White Halibutt Sinker und hell gefärbte Stickmixe. Die Fische können den Köder aufgrund seiner visuellen Auffälligkeit schnell wahrnehmen und neugierig inhalieren. Man glaubt gar nicht, welchen Unterschied es macht, helle statt dunkele Köder zu nehmen. So hatte ich ein einschneidenes Erlebnis, das ich nie vergessen werde. Ich fische in unmittelbarer Nähe zu meinen Ruten. Fast unter den Rutenspitzen präsentiere ich eine handvoll White Halibutts und darüber einen weißen Pop up Boilie.
Als ich morgens auf meinem Bedchair lag und mir den Schlafsack bis unters Kinn gezogen hatte, weil der starke Ostwind mal wieder direkt in meinen Schirm pustete, rollte sich einige Meter neben mir ein Karpfen. Ich beobachtete aufmerksam die Oberfläche und hoffte den Fisch erneut sehen zu können. Ich sah ihn. Er schraubte sich genau über meinem kleinen zentralen Futterplatz aus dem Wasser, dreht sich um und muss sich direkt auf meinen Köder gestürzt haben. Die Rute lief und lief und lief, ehe ich aus dem Schlafsack raus bin und sie aufnehmen konnte. Der Drill war kurz und der Fisch schnell ausgepowert ehe ihn die Maschen meines Keschers umschlungen. Es war ein Fisch mittlerer Größe, der mir aber einiges an Erfahrung brachte.
Mich interessierte, was er von meinem Futterplatz wirklich gefressen hatte. Ich zog mir also die Wathose an, schnappte mir meine Polbrille und schaute mir nun meinen Futterplatz im aufgewühlten Uferwasser an. Ich konnte die hellen Köder direkt sehen und zählte… Witzigerweise hatte ich am Abend genau aufgepasst was ich ins Wasser warf. Wieso und Warum? Jetzt weiss ichs. Wobei es ursprünglich eigentlich keinen Sinn hatte, war ich jetzt glücklich darüber es gemacht zu haben. Der Fisch hatte keinen einzigen der sinkenden White Halibutts gefressen, sondern ausschließlich den auffällig schwebenden Hakenköder genommen… Zufall oder nicht? Im Frühjahr keine Seltenheit, besonders bei wechselnden Bedinungen, wie wir sie aktuell haben.